Arme ausgebreitet

Stellen Sie sich aufrecht hin und halten Sie in der Stille einen Moment inne. Dann drehen Sie Ihre Handflächen nach vorne und führen die Arme an Ihrer Seite nach oben bis sie in Schulterhöhe waagerecht ausgestreckt sind. Diese Gebetshaltung, auch crucis vigilia genannt, ist schon bald sehr anstrengend. Wir spüren aber so, was diese Geste bedeutet.

Arme ausgebreitet

Arme ausgebreitet

Wenn wir jene Kreuzgeste einnehmen, dann kommt uns das Leiden und Sterben Jesu ganz nahe, wir werden aber auch an unsere eigene Vergänglichkeit erinnert. Zugleich ist diese Geste eine symbolische Vergegenwärtigung dessen, dass wir als Christen mit Jesus gestorben sind und täglich mit ihm leiden. Jesus nachzufolgen, bedeutet – so die Worte Jesu selbst (Mt 10,38) – ihm auf seinem leidensvollen und schwierigen Weg nachzugehen.

Bereits der Kirchenvater Tertullian kannte die Kreuzgeste als eine Form der „imitatio Christi“. Vor allem die keltischen Christen pflegten diese Geste dann in ihren ausgedehnten Gebetszeiten. Von Kevin, einem irischen Heiligen des 6. Jhs., wird z.B. berichtet, wie er derart lange in dieser Haltung verharrte, dass ein Vogel sich in seiner Hand niederließ und dort nistete. Auch auf dem Kontinent war diese Gebärde bis ins 16. Jh. hinein Teil des Gebetslebens vieler Christen. Sie beteten so stehend oder kniend, in Deutschland auch auf Boden liegend („kruizestal“ genannt). In späterer Zeit kam die Kreuzgeste dann in den Verruf, „masochistisch“ (Rancour-Laferriere) zu sein und wird heute kaum noch praktiziert.

Die Kreuzgeste war also lange Teil des christlichen Gebetslebens, muss heute aber wieder neu entdeckt werden. Probieren Sie es aus: Breiten Sie Arme aus und vergegenwärtigen Sie sich selbst das Kreuz. Sie können sich dabei dankbar an die weit geöffneten Arme Jesu erinnern und daran, wie er sich verletzlich, zugleich aber auch zugänglich machte. Sie können daran denken, was in ihrem Leben zu einem Ende kommen sollte und wo sie neu beginnen wollen.

sgd