In den letzten Tagen war es fast den ganzen Tag dunkel. Ich freue mich über die Weihnachtsdekoration, wenn ich abends spazieren gehe. Sie leuchten wieder: Die Fenster und Häuser in unserem Dorf. Einige haben ihre Lichterketten ausgepackt und Balkone und Bäume damit geschmückt. Manche kreieren Lichtskulpturen und andere raffinierte Konstruktionen. Dank LED glänzt es in Dunkeln trotz der Energiesorgen.

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Weihnachtsdeko trotz dunkler Wolken

In mir melden sich gemischte Gefühle. Es freut mich, dass die Sorgen die Freude am Schmücken mit Lichtern nicht vertreiben konnte. Gleichzeitig muss ich an Bilder in der Ukraine, auch dem Jemen und dem Iran denken. Es gibt so viel Leid auf der Welt, das eine romantische Freude trübt.

Auch in der näheren Umgebung treffen unterschiedliche Bedürfnisse und Erwartungen aufeinander, die manchmal eine klare Sicht verdunkeln.
Ich denke an unsere Freunde, die mit vollem Engagement ein einzigartiges Projekt für ihren Ort auf die Beine gestellt haben. Sie erzählen uns von Zusagen, die nicht eingehalten wurden und von Missverständnissen. Das macht mich traurig. Da helfen ein paar LED-Kerzen nicht wirklich weiter.

Oder doch? Während ich meine Gedanken kreisen lasse, ertappe ich mich, wie ich in meinen klaren Überzeugungen fest halte. „Das können die doch nicht machen! Wie kann man nur…?“ Doch mein Blick auf die weihnachtlichen Lichter bringt auch meine festgefahrenen Einstellungen zum Schmelzen. Sie wecken in mir einen tiefen Wunsch nach Orientierung.

Licht, um aufrichtige Herzen zu erkennen

Für einen Moment bleibe ich an einer Häuserecke stehen und halte inne. Dann sprudelt es in mir los: Ich wünsche mir mehr Licht, um aufrichtige Herzen zu erkennen. Wer meint es aufrichtig? Das Licht erhellt meine Wahrnehmung, damit ich gute Motive erkenne und neu vertraue kann.

So vieles soll ich können, an jeder Ecke gibt es Gelegenheiten mich einzubringen und so gern möchte ich helfen. Das Licht zeigt mir passende und sinnvolle Wege. Ich möchte zielführende Möglichkeiten erkennen und den nächsten Schritt gehen.

Wie kann ich unterscheiden, ob das vermeintlich schlechte Verhalten anderer echt schräg ist und aus negativen Motiven geschieht? Vielleicht stoßen manche Mitmenschen einfach nur an ihre Grenzen? Ich überlege mir: Ist nicht vielmehr mein Mitgefühl gefragt, damit wir in einen fruchtbaren Dialog finden?

Mein Wunsch: Das Licht erhelle mein Urteilen und lass mich das Schöne und Lobenswerte sehen. Ich möchte meine Aufmerksamkeit dem Echten schenken.

Die Weihnachtsgeschichte weist auf eine tiefere Dimension

Natürlich können die kleinen Lichterkerzen an dem Balkongeländer nur ein Symbol sein für eine hoffnungsvolle Haltung in „dunklen Zeiten“.
Je mehr Lichter es sind, um so heller wird es. Aber woher haben sie diese Symbolkraft? Ursprünglichen haben Menschen in der Adventszeit Kerzen in die Fenster gestellt. Sie drückten damit aus, dass sie dem Licht und der Energie, die lebendig macht, vertrauen.

Enorme Kräfte haben das Universum und den Ursprung des Lebens hervorgebracht. Diese Energie nimmt menschliche Gestalt an, um Missverständnisse über Machtverhältnisse und sinnvollen Lebenszielen zu klären. Deshalb erzählt Weihnachten von einer besonderen Geburt.

Das ursprüngliche Licht wird mitten in alles Chaos hineingeboren. Was für eine unfassbare Geschichte. Diese lebensschaffende Energie macht sich verletzlich und wird persönlich als Baby erfahrbar. Das geht ans Herz. Wer kann dem Charme eines Babys widerstehen? Für manchen ist das romantischer Kitsch. Oder ist es eine Berührung aus einer anderen Dimension?

Es gibt Orientierung in dunkeln Zeiten

Alle Jahre wieder feiern wir den Geburtstag dieses menschgewordenen Lichtes. Das Fest findet an einem Wendepunkt statt, wenn die Tage wieder heller werden. Das passt sehr gut zu seiner zentralen Botschaft, die es als erwachsener Mann in seinem Umfeld verbreitet hat.

Ich lade dich ein, wenn dich die Weihnachtsdekoration in diesen Tagen berührt, über die Worte aus dem Johannesevangelium nachzudenken:

Ich bin das Licht der Welt. Wer mir folgt, hat das Licht, das zum Leben führt, und wird nicht mehr im Dunkeln tappen.


Ilona Dörr-Wälde