Hände verschränkt

Hände verschränkt

„Hände falten, Goschn Halten“ sagt ein österreichisches Sprichwort. Wir denken sofort an einen strengen Lehrer, der das Gebet als disziplinierende Maßnahme missbraucht, um seine pubertierenden Schüler in den Griff zu bekommen. Tatsächlich aber hilft vielen Menschen das Händefalten beim Gebet. Für sie bringt diese Geste zum Ausdruck: Ich lasse jetzt alles andere beiseite, meine Hände und mein Geist tun jetzt nichts anderes. Doch das ist noch nicht alles, was diese Geste ausdrücken kann.

Hände verschränkt

Hände verschränkt

Eine beliebte Geste

In vielen Religionen werden auf die ein oder andere Weise die Hände zum Gebet gefaltet. Manche Hindus tun das, viele Christen auch. Die Hände zu verschränken, ist darunter keineswegs die üblichste Variante. Allgemein ist diese Form des Händefaltens zwar sehr beliebt, doch in den offiziellen Liturgien der Kirchen spielt sie kaum eine Rolle

Ihr rätselhafter Ursprung

Woher das Händeverschränken kam, ist etwas rätselhaft. Sicher ist, dass die Geste nicht der Bibel entnommen wurde, wie es sonst bei vielen anderen Gebetshaltungen üblich war. Erst im Mittelalter tauchte es als Gebetsgeste auf. Hintergrund könnte folgender sein: Damals schworen Unterworfene ihrem neuen Herrn mit einer Geste einen Eid. Sie legten ihre Hände in die Hände des Fürsten, dieser umschloss sie und faltete sie so. Die Unterworfenen drückten damit aus: Wir werden dir gehorsam sein, wir sind von dir abhängig. Noch heute wird dieser Akt in der Priesterweihe vor dem Bischof vollzogen. Doch dieser geschichtliche Hintergrund erklärt zwar das Händefalten, aber nicht das Händeverschränken.

Die flehende Bitte der Scholastika

Es war Abend. Die Sonne neigte sich zielstrebig den Hügelkuppen im Südwesten zu. Das goldene Licht warf immer längere Schatten ins Tal. Bruder und Schwester saßen gemeinsam beim Abendessen. Am Morgen hatte der Bruder sein Kloster verlassen, um seine Schwester zu besuchen. Den ganzen Tag hatten sie miteinander verbracht – sie ermutigten und unterstützten sich in ihrem Glauben. Gerade saßen sie noch zu Tisch, nun wollte der Bruder sich aufmachen, um zu gehen. Doch der Schwester fiel die Trennung außerordentlich schwer – sie bat ihn, bis zum nächsten Tag zu bleiben. Er aber blieb stur. Da faltete sie ihre Hände, fügte ihre Finger ineinander, legte die Hände auf die Tischplatte und lies den Kopf darauf sinken – weil der Bruder nicht hören wollte, bat sie in einem inbrünstigen Gebet Gott um Regen und Sturm, damit der Bruder nicht gehen könne. Noch bevor sie ihr Gebet beendet hatte, grollte schon der Donner, der Regen prasselte auf das Dach – und der Bruder musste bleiben. Diese Geschichte über Benedikt und seine Schwester Scholastika erzählt Papst Gregor in seinem Buch der Dialoge (II 33,1-5). Es ist eine frühe Schilderung des Händeverschränkens, geschrieben im 6. Jahrhundert.

Inniges Händeringen

Scholastika betete innig und leidenschaftlich, ihre Geste verstärkte das. Ein wenig erinnert das an Jakob, der mit Gott rang, bis er ihn segnete (nachzulesen in 1. Mose 32,23-33). Eindringliches Beten kann sich in dieser Art des Händeringens ausdrücken.

Probieren Sie es aus. Falten Sie ihre Hände, verschränken Sie Ihre Finger. Vielleicht testen Sie verschiedene Grade des Händeverschränkens. Beginnen Sie z.B. damit, ihre Finger locker ineinander ruhen zu lassen. Erinnern Sie sich daran, dass Ihre Hände in Gottes Hände ruhen. Dann könnten Sie die Intensität steigern und die Finger ineinander pressen. Verbinden Sie damit eine innige Bitte.

sgd