Niederknien

Niederknien

Die Geste des Niederkniens fühlt sich für uns heute recht befremdlich an. Umso erstaunlicher ist, was das Knien in Ihnen bewirken kann und wie ausdrucksstark diese Geste noch im 21. Jahrhundert ist.

Man ist sich nicht sicher, wann und wieso Gläubige begannen, beim Gebet niederzuknien. Die Frage des Ursprungs ist gerade deshalb so geheimnisvoll, weil weite Teile der antiken griechisch-römischen Kultur diese Geste entschieden ablehnten. Ein freier Mensch sei einer solchen Haltung nicht würdig, meinte man. Positiv belegt ist das Niederknien nur in der Bibel (vgl. Ratzinger, Theology of Kneeling). Auch wenn im Alten Testament die Menschen wohl meistens im Stehen beteten, finden sich hier erstmals Beispiele für kniende Gläubige. Gerade wenn ihr Gebet besonders notvoll, inbrünstig oder feierlich war, schien diese Geste angemessen gewesen zu sein. Unter christlichem Einfluss wurde das Niederknien spätestens ab dem 4. Jh. als Gebetsgeste immer verbreiteter. Noch heute ist sie v.a. katholischen aber auch manchen lutherischen Gläubigen geläufig, im Besonderen aus Kommunions- und Abendmahlsfeiern.

Niederknien

Niederknien

Wenn wir heute niederknien, „erfahren (wir) etwas von unserer Kleinheit vor Gott“ (Grün, Gebetsgebärden). In dieser ehrfürchtigen Haltung können wir das Um-uns-selbst-Kreisen loslassen, unser Bitten beenden und uns der Größe Gottes bewusst werden. Zentral für das christliche Verständnis sind die Verse aus Philipper 2,6-11. Dort wird Jesu Leidensweg nachgezeichnet, sein bereitwilliges Sich-Erniedrigen, das er auf sich nahm, damit alle Menschen Gottes Größe erkennen können – damit „jedes Knie sich beuge“. Im Licht ebendieser Demut und Liebe, die sich in Jesu Leiden und Sterben zeigt, beugen Christen heute noch ihre Knie.

Wenn Sie die Geste des Niederkniens für sich ausprobieren, dann beginnen Sie im Stehen. Nur aus dem freien, aufrechten Stand heraus wird eindrücklich deutlich, was das Niederknien bedeutet. Beugen Sie nun behutsam ihre Knie bis diese den Boden berühren. Benutzen Sie dabei keine Kniebänke, die zwar die Haltung erleichtern, aber auch verfremden. Ihre Hände lassen Sie zunächst einfach locker hängen, später können Sie sie aber auch zur Schale öffnenoder Ihre Arme vor der Brust kreuzen. Erleben Sie nun, wie Ihr ganzer Körper betet. Vielleicht bedenken Sie in diesem Moment auch Jesu Selbsterniedrigung, mit der Sie jetzt eins werden können.

sgd