Festzeit und Alltag

Die Weihnachtsbäume sind vielerorts aufgestellt, die Lichterketten über den Straßen funkeln und in manchem Haus wurde die erste Kerze des Adventskranzes entzündet. Es ist Adventszeit und bald ist Weihnachten – eine besondere Zeit oder der alljährliche Horror?

Festzeit

Festzeit und Alltag

Wir brauchen Festzeiten wie diese als Gegensatz zum Alltag. Die Religionswissenschaften weisen uns darauf hin, dass Fest und Alltag von Alters her unterschieden wurden. Im frühen Judentum zogen z.B. Posaunenstöße eine scharfe Trennung zwischen den Zeiten. Der Alltag mit seiner gewöhnlichen und fast schon stupiden Art hatte damit seine Zeit und seine Berechtigung. Und das Fest in seiner Außergewöhnlichkeit hatte gleichfalls seine Zeit und sein Recht. Diese Unterschiedenheit gilt es heute wiederzuentdecken, damit Fest wie Alltag ihre zueigene Bedeutung entfalten können. Dazu hilft es, sich auf das Fest vorzubereiten. Wir tun das durch das Einkaufen, Schmücken und Hausputzen, aber auch unser Inneres soll bereit sein. Advent ist sozusagen die Gelegenheit zum inneren Hausputz, zum Sichvorbereiten auf das Ankommen Jesu in Stille und Gebet. Diese Wochen so zur Vorbereitung zu nutzen, kann uns helfen, Weihnachten als eine wirkliche Festzeit, als eine ganz andere und eigenartige Zeit wiederzuentdecken. Dagegen Alltag und Fest zu vermischen, nützt weder dem einen noch dem anderen.

Feste inspirieren aber auch unseren Alltag. Der Alttestamentler Bernd Janowski betont im Blick auf die Feiern des alten Israels, dass Fest und Alltag nicht nur unterschieden, sondern auch komplementär waren – sie gehörten zusammen. So ist es auch heute: Die Menschwerdung, die wir im Weihnachtsfest feiern und das alltägliche ganz Mensch-Sein können wir nicht trennen. Vielmehr strömt die bevorstehende Festzeit mit ihrer Atmosphäre in die Zeit davor und danach. In der Exzentrik des Festes sehen wir unseren Alltag in einem neuen Licht. Das Weihnachtsfest will so unser menschliches Leben nicht nur konterkarieren, sondern es auch bestätigen und inspirieren.

Gestehen Sie sowohl dem Alltag als auch dem Fest seine Zeit und sein Recht zu. Wann beginnt für Sie das Fest? Stolpern Sie hinein oder finden Sie ein Ritual, das Ihnen hilft, bewusst diese andere Zeit zu betreten? Fragen Sie sich, wie Sie sich auf das Fest äußerlich und innerlich vorbereiten können, damit es nicht der Banalisierung anheim fällt. Sprechen Sie auch in Ihrer Familie darüber. Nutzen Sie diese außergewöhnliche Zeit, treten Sie ein Stück zurück, um im festlichen Licht ihr alltägliches Leben zu bedenken und sich von der speziellen Festatmosphäre für Ihr Lebensganzes inspirieren zu lassen.

sgd