Ninians Höhle auf Whithorn

Nachdem für einige Stunden lang die romantisch wilde Landschaft des Südwestens Schottlands an unseren Autofenstern vorüber flog, kommen wir schließlich an. Hinter uns die Hügel des Galloway Forest, liegt nun vor uns die Halbinsel Whithorn, an drei Seiten von der irischen See umgeben. Hier gründete Ninian vor etwa 1600 Jahren sein Kloster Candida Casa, das erste Kloster Schottlands.

Foto: Shutterstock

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Auf dem kleinen Parkplatz außerhalb des Dorfes stellen wir unser Auto ab und folgen einem Holzschild – „Ninian’s cave, 1 ½ miles“. Wir gehen an einem übervollen Bachbett  entlang – es hat viel geregnet in den letzten Stunden – und durch ein kleines Wäldchen. Ich erinnere mich, wie von Ninian erzählt wird, dass er sich auf eben diesen Weg zu seinem Rückzugsort – einer Höhle – machte, im Wunsch einige Momente im einsamen Gebet zu verbringen, um sich dann wieder seinen Aufgaben im Kloster oder auf Missionsreisen zu stellen.

Einige Minuten Fußmarsch später lichten die Bäume sich und aufragende Felsen übernehmen die Höhe. Der Pfad windet sich durch das Gestein auf eine schmale Öffnung zu. Blauer Himmel ist dort sichtbar. Die Wolkendecke ist inzwischen aufgerissen. Und plötzlich liegt es vor uns – türkisblaues Meer, vom Westwind getriebene Wellen, ein einsamer Kieselstrand. Zu unserer Rechten erspähen wir eine Öffnung in der Steinwand, versteckt im Schatten eines Felsvorsprungs. Die ausgetretenen Kiesel, festgetreten durch Pilger wie wir, weisen uns einen Pfad dorthin.

Feuchte Kühle empfängt uns am Eingang der Höhle. Sie ist nicht besonders tief, doch tief genug um sich vor Wind und Regen zu schützen. An den Wänden haben Pilger Kreuze eingraviert. Wir finden eines mit der Jahreszahl 1718. Plötzlich scheint sich die Zeit an diesem Ort zu verdichten, die Jahrhunderte schrumpfen auf wenige Quadratmeter und Ninian kommt mir eigenartig nah.

Als wir uns auf den Rückweg machen, denke ich darüber nach, wie Ninian hier äußere und innere Distanz zu seinem betriebsamen Alltag als Abt und Missionar suchte. Ich frage mich, wie ich selbst immer wieder eine solche Distanz einüben kann. Nicht – wie Thomas Merton einmal sagte – um der Einsamkeit selbst willen oder um den Menschen zu entfliehen, sondern um die Anderen in Gott zu finden.

sgd