Meister Eckhart

Seine Person ist mindestens genauso mysteriös wie sein Werk. Dennoch zeigt seine Glaubenslehre noch heute Wege zur Selbstfindung auf und gibt Sinn in einer nachmodernen Welt, die kaum mehr Worte für den Glauben hat.

Meister Echkart von Hochheim

Meister Echkart von Hochheim

Meister Eckhart scheint einerseits ganz der Akademiker zu sein. In schwer verständlichen Traktaten legte er seine christliche Philosophie dar, die heute von Theologen und Philosophen in nicht minder schwer verständlicher Sprache gerne rezipiert wird. Andererseits zeigte er sich ganz volksnah. Theologie und spirituelle Praxis zusammen zu halten war ihm wichtig. Davon zeugen die rund 140 Predigten in deutscher Sprache, nicht in Latein! – ein Unikum seiner Zeit.

Um 1260 wurde Eckhart in der Nähe von Gotha in Thüringen geboren und trat später in den Dominikanerorden ein, der damals für seine Gelehrsamkeit und seine Askese bekannt war. Schon bald nach seinem Studium in Köln begann er selbst zu lehren – an der angesehensten Hochschule seiner Zeit, in Paris. Auch betraute man ihn mit Verantwortung in Sachen Menschenführung und Seelsorge, z.B. ab 1303 als Provinzial der norddeutschen Provinz Saxonia, in der er u.a. auch für 65 Frauenklöster zuständig war. Am Ende seines Lebens zog es ihn wieder nach Köln, vielleicht, um dort ab 1323 die Hochschule zu leiten.

Eckharts Glaubenslehre- und praxis ist außergewöhnlich, besonders in der damaligen Zeit. Nicht ein System von Formeln und Lehrsätzen, sondern ein vorsichtiges Tasten und ein Umkreisen seiner Themen. Gott kennen kann nur Unkenntnis bleiben. Die Heilige Schrift verstehen ist nur als Nicht-Verstehen möglich. Wenn es um Gott geht, kommt Sprache an ihre Grenzen. „Wenn ich Gott gut nenne, so sage ich etwas ebenso Verkehrtes, wie wenn ich das Weiße schwarz nennen wollte. Weit weg von Gott sind alle drei Begriffe: gut, besser und allerbest, den er ist über alles erhaben.“

Das gibt der Stille, dem Innehalten und dem Innewerden Raum. Denn dort, im Inneren, findet Eckhart diesen geheimnisvollen Gott. „Gott (ist) nirgends so eigentlich wie in der Seele und in dem Engel, wenn du willst, im Innersten der Seele und im Höchsten der Seele.“ (DW I Pr. 30) Deshalb ist „Gott … mir näher, als ich mir selbst bin“ (DW II Pr. 68). Dort auf dem Grund Ihrer menschlichen Seele, will Gott Mensch werden und Sie zu seinem Kind machen. So versteht Eckart den christlichen Glauben an die Menschwerdung Gottes. Zu dieser Vereinigung von Gott und Mensch gelangt Eckhart allerdings weder allein über ein kontemplatives Leben (vita contemplativa) noch ausschließlich über Taten der Buße oder Liebe (vita activa), sondern über einen dritten Weg, der Kontemplation und Aktion miteinander verbinden soll: Weder Weltentfremdung, noch Selbstentfremdung. Nicht Verinnerlichung, aber Innehalten und Innewerden, was Ihr Inneres ist und so „innegeleitet“ (Polednitschek, Meister Eckhart) sein.

Diese und ähnliche Gedanken brachten Eckhart in Konflikt mit der Inquisition. Das Verfahren gegen ihn wurde 1326 eingeleitet und er wurde 1329 in 28 Sätzen für schuldig empfunden. Doch Eckhart war zu diesem Zeitpunkt bereits gestorben. Wann, weiß heute keiner mehr so genau.

sgd