Der Mensch wird von zwei maßgeblichen Faktoren beeinflusst: dem Wunsch nach Beziehung und Sicherheit und der Suche nach der eigenen Bedeutung in der Welt. Beide Punkte bergen Konfliktpotenzial – sie helfen Ihnen auch, authentisch in der Gesellschaft aufzutreten.
Der unstillbare Drang, die Welt zu verändern
Schon als Kind spürte ich die Sehnsucht, meine spezielle Einzigartigkeit unter Beweis zu stellen und Bedeutung über die Familie hinaus in der Welt zu finden. Dies nahm ich immer dann wahr, wenn ich mit meinem Nachbarn auf seinem Pferdewagen unterwegs Richtung Ackerland war und er mir Geschichten von der großen, weiten Welt erzählte. Es war unheimlich spannend zuzuhören, wie Menschen damals um bessere Lebensbedingungen kämpften. In mir spürte ich den Wunsch, später einen ebenso wichtigen Beitrag für die Welt zu leisten. Die Grundsehnsucht mitzugestalten, brachte mich in Bewegung – raus aus dem gewohnten, hinein in ein berufliches Umfeld.
Beides entspricht den sozialen Grundbedürfnissen. Einerseits die Suche nach Beziehung und Verbundenheit, andererseits das Finden einer sinnvollen Aufgabe. Wir suchen Leistung und möchten die eigene Kompetenz steigern. Wir möchten uns im Beruf und in der Gesellschaft verwirklichen.
Genau aus diesem Grund lernte ich auch die Welt der Industrie kennen. Der Weg war klar vorgezeichnet: erst die Ausbildung, dann ein allgemein bekannter Titel. Ich genoss entsprechende Anerkennung in meiner Umgebung. Wenn ich gefragt wurde, was ich beruflich mache, konnte ich ohne zu überlegen antworten und alle verstanden sofort, was gemeint war. Meine soziale Identität war klar verständlich und brachte mir entsprechend finanzielle Stabilität und eine Einordnung in die Industriegesellschaft.
Was tun, wenn nur noch die Leistung zählt?
Nun war ich jedoch Teil einer unpersönlichen „Sie“-Kultur, an der Effizienz an oberster Stelle stand. Gerade in meiner Abteilung erlebte ich eine hohe Zweckorientierung. Ein Büro ist zum Arbeiten da. Was braucht es da Außenfenster, die man öffnen könnte, Neonlicht tut es doch auch. Hauptsache ein Schreibtisch – wie die Möbel aussehen, spielt keine Rolle. Ich erinnere mich noch gut an die Reaktionen, als ich eines Tages mit einem Blumentopf ankam. Anteilnahme an persönlichen Bedürfnissen oder gar ein kleiner Umtrunk zum Geburtstag standen nicht auf der Agenda.
Nach außen schien es so, als passe alles für mich. Ich fand finanzielle Sicherheit, soziale Anerkennung und hatte ein klares Image. Innerlich litt ich jedoch unter der Veräußerlichung. Mein Herz, die inneren Bilder, die ich mit sinnvollem Leben verband, wollten nicht so recht passen. Nach acht Jahren fasste ich den Mut, einen neuen Weg einzuschlagen.
In meiner eigenen Geschichte war ich herausgefordert, meinen Beruf und meine gesellschaftliche Einbindung neu zu definieren. Insgesamt lebte ich an sieben verschiedenen Orten, studierte und machte mehrere nebenberufliche Ausbildungen. Die vorherrschende Differenzierung der Gesellschaft fand auch in meiner kleinen Welt statt. Meine soziale Identität wurde immer facettenreicher. Gerade in den Phasen, wo der Weg von einer Station zur nächsten weiterging, gab es Momente, in denen ich mich unsicher fühlte. Meine Berufsbezeichnungen waren in Umbruchsphasen nicht mehr eindeutig.
Suchen und entdecken Sie Ihre Facetten
Die Leistungsseite möchte sich gut darstellen, denn sie will wirksam werden und sie ist überzeugt, dass sie einen Beitrag zum Besseren leisten kann. Die Beziehungsseite möchte Vertrauen aufbauen, muss die fremde Welt erst kennenlernen. Die Identitätsarbeit, die normalerweise unbewusst und zuverlässig arbeitet, kommt hier an Grenzen.
In uns findet ein ständiger Abgleich zwischen den Vorstellungen und Erwartungen unserer Umwelt und den Vorstellungen und Erwartungen statt, die wir an uns selbst haben. Ein Abgleich mit den tiefen Bildern, die uns im Kern ausmachen.
In meiner Biographie sehe ich sehr deutlich, wie verschiedene Facetten meiner Beziehungs- und Leistungsseite immer wieder auf sich aufmerksam machen. Es gibt eine natürliche Seite, die während meiner Kindheit im Dorf geprägt wurde. Die werteorientierte Seite, die während des Studiums ausgeformt wurde. Die wilde Seite brach immer wieder auf, um neues Land zu entdecken. Die effiziente Seite schätzt optimale Abläufe und Qualität. Gleichzeitig träumt die kreative Seite von gestalterischer Freiheit. Mal meldet sich die beziehungsorientierte Prinzessin in mir, die einfach nur geliebt werden will und gerne liebt. Für mich ist es ein wichtiger Schritt, ganzheitlich all diese unterschiedlichen Facetten wahrzunehmen und immer wieder zu prüfen, wo ich persönlich stehe.
Kann man alle Facetten berücksichtigen?
In der Realität hindern uns jedoch knappe Zeit und die Vielschichtigkeit der unterschiedlichen Gruppierungen oft daran, beide Facetten zu berücksichtigen. Dieser Sachverhalt legt zwei Extreme nahe: entweder den Abgleich mit den inneren Bildern aufzugeben und sich den jeweiligen Anforderungen anzupassen oder Rückzug nach innen und inaktiv werden. Wer kann sich schon überall engagieren? Beide Reaktionen, extrem gelebt, führen weg von einem erfüllten Leben.
Seine Konzentration über längere Zeit auf ein konkretes Projekt in einem konkreten gesellschaftlichen Umfeld zu richten, kann großen Erfolg bedeuten. Es könnte allerdings sein, dass dabei der innere Mensch oder wichtige Beziehungen verloren gehen. Bekommen dagegen der innere Mensch und die Individualität eine einseitige Aufmerksamkeit, könnte es passieren, dass der Anschluss an die Gesellschaft verlorengeht. Das könnte wirtschaftliche Defizite mit sich bringen und das Bedürfnis nach Bedeutung leidet. Ein wichtiger Beitrag fehlt.
Wer weiß, wofür er steht, findet auch seinen Weg
Ich ermutige Sie, Ihr authentisches Image aktiv zu gestalten und sowohl Ihre Beziehungs- als auch Ihre Leistungsseite zu entdecken und wertzuschätzen. Das bringt Sie mit den gesellschaftlichen Gruppen und Menschen in Kontakt, denen Sie etwas zu geben haben. In Zeiten schneller Veränderungen brauchen wir Haltungen, die von innen kommen. Eine überzeugende Selbstdarstellung und -wahrnehmung führt zu den Kunden, Kollegen, der passenden Firma oder dem Netzwerk, den Freunden oder der kulturellen Gruppe, die zu Ihnen passen. Also zu einer gesellschaftlichen Verortung, wo Schnittmengen ein fruchtbares Miteinander ermöglichen.
Auf die Dauer ist ein authentisches Image der wirksamere Weg. Es lohnt sich, sich Zeit zu nehmen, um sich jenseits von den aktuellen Lebensbereichen mit seinen Imagewirkungen auseinanderzusetzen. Welche Aufgaben haben Sie übernommen in Politik, Bildung, Wirtschaft, Kultur, Religion und Ihrer persönlichen Entwicklung? Wofür stehen Sie, haben Sie Verantwortung übernommen, fühlen Sie sich gerufen? Wo entdecken Sie Konfliktpotenzial zwischen den Erwartungen, die andere an Sie haben, und Ihren inneren Vorstellungen?
Das eigene Selbstverständnis spielt die entscheidende Rolle. Dieses Selbstverständnis entwickelt sich in der intensiven Auseinandersetzung mit unserem Inneren, unserem Kern. So weiß man genau, wer man ist, was Bedeutung hat und wofür man steht: eine Sicherheit, die uns vor allem in der leistungsorientierten Arbeitswelt Halt und Richtung gibt.
Innere Haltung, äußere Wirkung
Neben der Kompetenz spielen Erscheinungsbild, Kommunikation und Verhalten eine wesentliche Rolle in der Imagearbeit. Die folgenden Fragen verwenden wir in unserer Beratung, wenn es darum geht, sich mit der authentischen Selbstdarstellung auseinanderzusetzen:
- Wie sehen Sie sich? Was brennt in Ihnen?
- Wie werden Sie von Ihrer Umgebung wahrgenommen?
- Wie wollen Sie von Ihrer Umgebung gesehen werden?
- Was erwartet Ihre Umgebung von Ihnen?
In dem alten Spielfilm „Drei Männer im Schnee“ kommt ein Millionär auf die Idee mit einem schäbigen alten Anzug, einem Koffer mit starken Gebrauchsspuren und einem sehr lausbübischen Benehmen in ein Luxushotel in den Urlaub zu fahren. Er will herausfinden, ob er einfach für sein Menschsein in diesem Hotel wie ein König behandelt wird oder ob er seinem sozialen Stand, den sein äußere Erscheinung darstellt, zu spüren bekommt. Und es kommt, wie es kommen muss: Das Hotel bringt ihn in einer unbeheizten Dachkammer unter.
Zwei Bedürfnisse treffen aufeinander. Der Gast möchte um seiner selbst willen geachtet werden. Die Hotelmitarbeiter möchten, dass die Kultur des Hauses respektiert wird. Angemessenes Handeln lässt sich nicht mit starren Regeln festlegen, sondern erfordert Wachheit für die aktuelle Situation.
Auch die Kleiderwahl zählt
Wenn ein Gastgeber zu einem wichtigen Anlass in ein Restaurant mit perfekt eingedeckter Tafel auf weißer Tischdecke einlädt, wäre es unstimmig, mit einem zerlumpten Pulli zu erscheinen. Die Kultur des Gastgebers würde missachtet. Auch die eigene Überzeugung, andere wertzuschätzen, wird ignoriert. Deshalb ist eine gute Kommunikation über die jeweiligen Erwartungen unerlässlich. Es geht nicht um herzlose Anpassung oder Rebellion, sondern um von innen motivierte bewusste Entscheidungen.
Gerade in neuen Lebenssituationen kann es eine Hilfe sein, sich anlassgerecht sortiert zu haben. Es geht um die Elemente Selbstverständnis, Körpersprache, Kleidung, Umgangsformen und Kommunikationsmittel im echten Leben.
In welchen Bereich der Gesellschaft gehe ich heute?
Morgens vor dem Kleiderschrank, der bereits meine stimmigen Farben und Formen enthält, stellt sich die Frage, wo ich heute hingehe? Wer bin ich heute? Was ist der Anlass?
Möglicherweise bin ich heute der sportliche, dynamische Typ, der weiter daran arbeitet, seine Medaille zu gewinnen. Oder ich trete mit meinem Modern-Business-Hosenanzug bei einem regionalen Unternehmerinnennetzwerk auf – seriös, aber doch mit einer klaren kreativen Note, die mein Inneres widerspiegelt. Auch Präsentation, Visitenkarten, Onlineauftritt sind stimmig mit meinen Lebensstilthemen.
Zunächst ist die Voraussetzung, dass Sie Ihren eigenen Stil gefunden haben und Ihr stimmiges Sendungsstatement oder Ihren Claim. Dieses Selbstverständnis prägt Ihre Körpersprache und Ihre Umgangsformen, denn die kommen von innen. In einem nach Imagewirkung sortierten Kleiderschrank finden Sie die passende Kleidung. Ihre Kommunikationsmittel bauen Sie passend zu Ihrem Claim auf. Vielleicht hilft Ihnen auch ein Umgangsformentraining, Ihre innere Haltung zielgruppengerecht zu optimieren.
Ich ermutige Sie, sich ganzheitlich mit all Ihren Facetten als Original zu sehen – so wirken Sie für Ihr Gegenüber zutiefst authentisch und finden einen stimmigen, persönlichen Weg. Verbiegen Sie sich nicht zu sehr, um den äußeren Bedingungen zu entsprechen. Fragen Sie sich stattdessen immer wieder, ob das, was Sie tun, Ihr Auftreten, Ihre Ziele, auch wirklich mit Ihrem Inneren übereinstimment. Wenn Sie Ihre innere Stimme mit all ihren Eigenarten kennen, wird es Ihnen viel leichter fallen, Ihr äußeres Auftreten stimmig anzupassen. So vereinen Sie beides: Sie folgen Ihrer Herzensstimme und präsentieren sich seriös und authentisch.