Sie ahnen schon, ich spreche von dem Stapel der sich auf dem Schreibtisch, auf der Küchenablage, in der Leseecke oder an anderen gefährlichen Stellen ansammelt. Zeitschriften, Flyer, Post, Infomaterialien, ganz selten eine handgeschriebene Postkarte, die neuste Speisekarte vom Italiener. Sie teilen uns etwas mit und helfen uns, am Leben teilzunehmen. Es bleibt nicht nur beim Papierstapel, auch im Computer, im Tablet, oder auf dem Handy stapeln sich Nachrichten, die wesentliches enthalten können.

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Wie kann ich aufmerksam gegenwärtig sein, ohne mich zu überfordern?

Ein gutes System hilft. Sicher haben auch Sie ein gutes System entwickelt, das Ihnen hilft mit der Informationsfülle umzugehen. Irgendwo zwischen Wegschmeißen, sorgfältig bearbeiten und ablegen entscheiden Sie sich und handeln entsprechend. Letzte Woche stellte ein Unternehmer in einem Seminar vor, wie er die richtigen Dinge erledigt und achtsam für das Wesentliche bleibt. Er füllte die ganze Pinnwand mit den nötigen Abläufen, um aus der Fülle der Informationen zielgerichtet zu handeln und wesentliche Dinge erledigt zu bekommen.

Legen Sie alle eingehenden Informationen in einen Eingangskorb. Das inspirierte mich meinen Umgang mit Informationen zu überprüfen. Zu gut kenne ich das dumpfe Gefühl in der Magengegend, wenn ich wichtige Bedürfnisse meiner Mitmenschen vergessen habe, mal wieder viel Zeit mit Suchen verbracht habe, oder mich schlicht weg von den „Stapeln“ genervt und überfordert fühle.

Deshalb blieb ich gleich an seinem ersten Punkt hängen. Am Anfang des Prozesses steht der Eingangskorb. Alle Informationen, egal wo und in welcher Form privat und beruflich sollten an einem räumlichen und digitalen Ort gesammelt werden. Optimal wären nur zwei „Eingangskörbe“. Außerdem sollten alle Impulse und Ideen schriftlich festgehalten werden und ebenfalls in den Eingangskorb gelegt werden.

Leeren Sie täglich den Eingangskorb nach einem Plan

Aber jetzt kommt die eigentliche Herausforderung. Seine Empfehlung ist: Leeren Sie die Eingangskörbe täglich. Schauen Sie sich jede einzelne Info aufmerksam an und fragen Sie: „Was ist das – kann ich was tun? Wenn Sie die Frage mit ja beantworten, erledigen Sie alles, was in zwei Minuten erledigt werden kann. Alles was länger dauert fügen sie entweder in den Kalender als Termin oder in die passenden Aufgaben- und Projektlisten.

Wenn Sie die Frage mit Nein beantworten, wählen Sie zwischen Mülleimer, einer vielleicht irgendwann-Liste oder legen Sie die Information in Ihrem Ablagesystem ab. Auf diese Weise bekommt alles einen Moment der Aufmerksamkeit und Sie entscheiden was weiterverfolgt wird und wie. Jetzt ist der Kopf und das Herz sortiert und frei vom schlechten Gewissen.

Das klingt anstrengend und weltfremd. Woher soll ich an einem vollen Tag dafür auch noch die Zeit nehmen. Oder könnten ca. 20 Min. an Tag oder zumindest eine Stunde in der Woche aufmerksames Sichten des Eingangskorbes gut investierte Zeit sein und zu mehr Umsetzungskraft und Zufriedenheit beitragen?

Manchmal stapeln sich auch Gedanken und Gefühle

Manchmal begegnen mir nachts „Erfahrungs-Stapel“, die sich im Laufe der letzten Tage in meinem inneren Menschen angesammelt haben. Während ich wach im Bett liege, werden verschiedene Sequenzen wieder lebendig. Sprunghaft geht es von einem Thema zum andern und es fühlt sich an wie ein riesiger Wollknäul, oder könnte man auch sagen, wie ein unübersichtlicher Stapel. So viel ist passiert. Möchten diese Erlebnisse ebenfalls achtsam gewürdigt werden?

Da fällt mir eine Übung ein. So ähnlich wie die Empfehlung für die Papier-Stapel hat der Mönch Evagrius Ponticus schon im 4. Jahrhundert eine Übung empfohlen für den Umgang mit den inneren Stimmen.

Die Türhüter-Übung:

Wohlhabende Leute beauftragten einen Türhüter. Er sollte wachsam darauf achten, dass nur wohlgesonnene Leute das Haus betreten. Evagrius empfahl folgendes:

„Wenn in entspannten Momenten Gedanken an die Tür deines Herzens klopfen, lass alle Gedanken hochkommen und bei dir anklopfen. Dann frage jeden Gedanken: Was willst du mir sagen? Bist du ein Hausbesetzer oder möchtest du mich auf etwas hinweisen, was für mich wichtig ist? Welche Sehnsucht steckt in dir? Dann werden dich letztlich alle Gedanken und Gefühle in den Grund deiner Seele führen und zu Gott, der in dir wohnt.“

Irgendwann in diesem nächtlichen Dialog beginne ich zu danken oder ich notiere mir Impulse die mir bedeutsam erscheinen. Oft stellt sich Frieden und Vertrauen ein. Mir hat es geholfen meine Gewohnheiten an dieser Stelle zu überdenken. Ich möchte aufmerksam sein für alles was anklopft und frei entscheiden, wofür ich lebe.

Gerne lade ich Sie ein im Sommer für ein Wochenende oder ein paar Tage für eine Auszeit auf den Gutshof zu kommen, um in Ruhe zu reflektieren, was gelungen ist und wo Schritte der Veränderung gut tun.


Ilona Dörr-Wälde