Weißer Sand, Wind und das Rauschen des Meeres haben mich ganz in ihren Bann gezogen. Meine Gedanken fliegen in die Weite. Immer mehr Erinnerungen an schöne Orte steigen in mir hoch. Ich fühle mich frei, lebendig und tief dankbar. Voller Ehrfurcht stehe ich an der Nordsee am Strand auf Juist und bin einfach nur glücklich mit meiner Freiheit.

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Tiefe Wertschätzung für Reisen, die möglich waren

Während ich zum Strandkorb laufe, um an meinem Buch weiterzulesen, denke ich darüber nach in welcher Freiheit ich bisher gelebt habe. Die Liedstrophe „Einmal um die ganze Welt und die Taschen voller Geld“ brachte in meiner Jugend die Sehnsucht nach Reisen in fremde Länder zum Schwingen. Für mich war es die Vorstellung von Freiheit und Abenteuer. 

Jährlich haben sich die Reisemöglichkeiten erweitert. In Europa war es möglich, ohne Pass zu jeder Zeit ein Land zu besuchen. Wenn es meine Ressourcen ermöglichten könnte ich die ganze Welt entdecken. Gefühlt hat unsere Gesellschaft eine bisher nie dagewesene Reisefreiheit erlebt.

Kostbare Erinnerungen bleiben

In diesem Jahr haben Rainer und ich überlegt, ob wir überhaupt von zu Hause wegfahren. Schnell war klar, dass wir in Deutschland bleiben werden. Es zog uns an die Nordsee. Wir erleben bei schönem Wetter erholsame Tage und genießen das beschauliche Leben. Heute ziehe ich Bilanz. Tatsächlich habe ich diese Freiheit des Reisens sehr genossen. In manchen Jahren ließen die Umstände das Reisen nicht zu. 

Wenn es klappte, waren Reisen für mich etwas ganz Besonderes. Ich erinnere mich an atemberaubende Momente wie z.B. der Sternenhimmel über dem Grand Canyon, ein Ritt durch die Rocky Mountains und den Blick der chinesischen Mauer. Dieses Lebensgefühl, einfach eine Reise buchen zu können, ist jetzt tief erschüttert. 

Das eigene Land neu entdecken

Positiv wirken sich die geschlossenen Grenzen und die Reiseverbote auf die CO2 Bilanz aus. Sie hat sich in den vergangenen Monaten messbar verbessert. Die Reisefreiheit führte zu immer mehr Tourismus, der offensichtlich seine Spuren in der Natur hinterlassen hat. 

Eine Stimme in mir sagt: “Gut so, diese Entwicklung musste dringend gestoppt werden. So kann es wirklich nicht mehr weitergehen“. Ich ertappe mich dabei, wie ich plötzlich einem alten Spruch von meiner Mutter zustimme. Sie war sehr naturverbunden und liebte ihre ländliche Heimat. 

Sie kommentierte meine Reiselust und sagte: „Wieso müsst Ihr überall in der Welt herumreisen, wir haben so ein schönes Land, das genügt doch.“. Tatsächlich kann ich dieser Sichtweise inzwischen mehr abgewinnen. Ich liebe es an schönen Orten in der Natur zu verweilen und die finde ich hier vor unserer Haustür.

Freiheit spüren, die niemand nehmen kann

Anscheinend hat sich mein Freiheitsgefühl verändert. Ich sitze im Strandkorb und frage mich, was bedeutet Freiheit für mich heute? Hat sich das Freiheitsgefühl mehr nach innen verlagert? Ich fühle mich frei, wenn ich meinem inneren Kompass folge, unabhängig davon, was gerade von außen auf mich einstürmt. Im Wald z.B. erlebe ich freien Raum die zu sein, die ich bin. 

Wenn ich einen sinnvollen Beitrag in der Gesellschaft einbringen kann, wenn überzogene Wünsche und Erwartungen in mir verstummen, bin ich glücklich. Auch wenn ich einem anderen zuhöre und ganz in seine Welt eintauche, durchströmt mich dieses Gefühl frei zu sein, das anscheinend ganz bedingungslos in der Tiefe schlummert. 

Mit einem gesunden Maß offene Grenzen wieder anstreben

Mich durchströmt eine Dankbarkeit über all die Möglichkeiten, die mir bisher offenstanden. Es ist offensichtlich nicht selbstverständlich. Oh ja, ich möchte wieder offene Grenzen. Auch die kommenden Generationen, sollen frei wählen können, wohin sie gehen wollen. 

Gleichzeitig hoffe ich, dass die Einschränkungen, die wir erleben, mir und Ihnen neue Erfahrungen eröffnen. Was bedeutet für Sie zur Zeit Freiheit? Vielleicht können die Beschränkungen in uns eine neue Kreativität freisetzen, die umsichtiger gestalten lernt. Wie wäre es, wenn wir ganz frei neue Lösungen für unsere Mobilität finden?

Neue Erfahrungen von Freiheit kultivieren

Welche Abenteuer und Lebensqualität können Sie gerade jetzt entdecken? Die letzten zwei Tage war ich mit einer Gruppe im Wald und wir erlebten eine ganz besondere Zeit der Stille. Alle saßen an einem wunderschönen Plätzchen und wurden still. Wir waren unterwegs auf einer inneren Reise. 

Nach einer halben Stunde begann einer nach dem andern zu erzählen. Manche strahlten und fühlten sich frei und ungezwungen, ganz wie im Urlaub. Ich möchte Sie heute einladen in den nächsten Tagen auf Entdeckungsreise zu gehen nach freien Momenten inmitten den Beschränkungen. 


Ilona Dörr-Wälde