Auf dem Nachttisch liegt ein neues Buch über Stille. Es ist eine wunderschöne Hommage an das Wunder des Lebens, das ich gerne mit Ihnen teilen möchte.

Stille
Nina Krawiz – Foto von Manu Theobald

Woher kommt die tiefe Sehnsucht?

Geht es Ihnen auch so: Trotz Lockdown ist immer noch soviel Lärm in und um uns herum? Obwohl viele Geschäfte geschlossen sind, hält die Reizüberflutung an. Ich finde es Mittunter ganz schön schwierig in die Ruhe zu finden. Deshalb freue ich mich, dass die Fotografin Manu Theobald über vier Jahr an einem Buch über Stille gearbeitet hat.

25 Persönlichkeiten berichten, was für sie Stille ist und wie sie persönlich in die Ruhe finden. Ich finde es sehr inspirierend, wie der bekannte Schweizer Architekt Peter Zumthor Stille als Fülle beschreibt: “Ob hier zu Hause, im Wald, auf einer Wanderung, jeweils mit den spezifischen Geräuschen, die dort hingehören und keinen Widerspruch zur Stille darstellen.”

Diese kostbare Form der Stille erlebe ich auch beim Waldbaden, wenn wir in der “Kathedrale des Waldes” sind. Zumthor bemerkt: “Räumliche Stille ist mich eine der schönsten Arten von Stille. Wenn ein Raum in seiner Stille alles Schöne erfahrbar macht.”

Ruhe als Gegenstück zur vollen Lautstärke

Nina Kraviz wurde 1989 in Sibirien geboren, studierte in Moskau Zahnmedizin und wurden dann als DJane entdeckt. “Im Leben geht alles um Pro und Kontra”, schreibt sie: “Minus und Plan, Loslassen und Festhalten. Erst im Fühlen der Lautstärke versteht man, was Stille ist.”

Ich finde Nina Kraviz drückt sehr gut aus, dass die tiefe Sehnsucht aus dem Kontrast entsteht. Mitunter kann Stille auch bedrohlich wirken, weil sie auch mit unseren eigenen Ängsten konfrontiert. Etliche Menschen erleben das auch in der Pandemie. Plötzlich ist die Angst vor dem Ende zu spüren, in der Ruhe auch die Angst vor dem Tod.

Bei Nina Kraviz habe ich noch einen Satz gefunden, der mich ins Nachdenken führt: “Unsere Emotionen und unsere Kreativität sind unserer einziger Hafen der Hoffnung für die Zukunft. Etwas das Roboter nie haben werden.” Dann fügt sie noch einen wichtigen Gedanken hinzu: “Ich möchte dieses menschliche Element in meinen Performances beibehalten.”

Stille
Alexander Schulz – Foto von Manu Theobald

Stille als mein innerer Anker

Mich faszinieren junge Menschen, die sich wie Alexander Schulz mit dem Thema Ruhe beschäftigen. Er liebt die Slackline und hat damit sogar schon einige Weltrekorde gewonnen, unter anderem in Kanada und in China.

Sein Credo: “Ich muss einen inneren Ruhepol finden, damit ich mich nicht ablenken lasse. Mittlerweile weiß ich aus Erfahrung, dass es ihn gibt.” Er fügt hinzu: “Er ist das Hinwenden meiner Aufmerksamkeit nach innen, wodurch eine Erweiterung im Raum entsteht, in dem es still ist, in den sich meine Sinne strecken können, bis ich ganz im Vertrauen bin.”

Mir gefällt diese Formulierung sehr gut, weil gerade das Vertrauen ein elementares Element ist, um in die Ruhe zu finden. Oder wie es der Slackliner ausdrückt: “Zwischen jedem Schirm, zwischen jedem Atemzug und zwischen jeder Bewegung ist eine Leere, eine Stille, in der nichts Störendes anwesend ist.”

Ich wünsche Ihnen eine kreative Woche, in der Sie immer wieder Momente der Ruhe als inneren Anker erleben.


Ilona Dörr-Wälde